Geschichte Backnangs

Anfänge liegen im Dunkeln

Verschiedene eiszeitliche Tierreste stellen die ältesten Zeugen der Backnanger Geschichte dar. Spuren menschlichen Daseins aus jungsteinzeitlicher Zeit vor circa 5000 bis 7000 Jahren fand man bei Strümpfelbach, Steinbach, Sachsenweiler und dem Seehof. Ein keltischer Grabhügel südlich von Waldrems sowie der Fund einer keltischen Münze, eines so genannten Regenbogenschüsselchens, im Stadtgebiet des heutigen Backnangs deuten darauf hin, dass auch die Kelten in unserer Gegend waren. Mit dem Bau des obergermanischen Limes durch die Römer in den Jahren 148/150 nach Christus entstanden im Schutze der Militärstandorte auch zivile Siedlungen, deren Bevölkerung durch große bäuerliche Gehöfte ("villa rustica") versorgt wurde. Auf Markung Steinbach ("Heidenfeld") fand man im 19. Jahrhundert Grundmauern, Ziegel und Gefäßreste eines solchen römischen Gutshofes. Allerdings gingen alle Fundstücke bei Kriegsende 1945 verloren.

Bedeutung des Ortsnamens

Der Ortsname Backnang setzt sich aus den beiden althochdeutschen Bestandteilen „bacco“ und „wang“ zusammen. In der Forschung herrscht Einigkeit über den Namensteil "wang", der als "Feld, Wiese, Weide" zu deuten ist. Schwieriger wird es beim Namensteil "bacco": Während ihn einige als Rufnamen sehen und Backnang entsprechend als "Siedlung beim Weideland des Bacco" deuten, leiten ihn andere von einem Flurnamen ab. Danach würde Backnang aus den Namensteilen "backo=Hügel, Erhöhung" und "wang=Feld, Wiese, Weide" bestehen und könnte – bei aller gebotenen Vorsicht – mit "Hügelwiese" übersetzt werden. Die Backnanger Topografie unterstützt diese Deutung: Wenn man im Mittelalter auf dem Hügel des Burgberges (heutiger Bereich Stiftshof) stand und nach unten geschaut hat, schweifte der Blick über Felder, Wiesen und Weiden.

Stadtwappen

Stadtwappen

Das heutige Wappen der Stadt Backnang zeigt in einem gespaltenen Schild auf der einen Seite auf silbernem Hintergrund drei übereinander liegende schwarze Hirschstangen und auf der anderen Seite auf schwarzem Hintergrund einen blauen Reichsapfel mit goldenem Beschlag und Kreuz. Es wurde 1903 auf Vorschlag des Staatsarchivs in Stuttgart vom Gemeinderat festgelegt. Das älteste bekannte Wappen der Stadt ist das badische Wappen mit rotem Schrägbalken im goldenen Feld. Um 1300 erscheinen erstmals die drei Hirschstangen der württembergischen Herrschaft auf dem Wappen. Der Reichsapfel tritt im 17. Jahrhundert als Marksteinzeichen auf. Im 19. Jahrhundert entstand die Verbindung von Hirschstangen und Reichsapfel. Gemäß den Richtlinien der Landesarchivdirektion darf Backnang Blau-Gelb als Stadtfarben führen.

Frühe Siedlungsgeschichte

Das alte Kirchenpatrozinium Michael spricht dafür, dass in Backnang bereits im 8. Jahrhundert eine Pfarrei entstanden sein könnte. Zu Beginn der Salierzeit, also um 1024, war Backnang unmittelbares Eigentum des deutschen Königs beziehungsweise Kaisers und ging wenig später in den Besitz der Hessonen über. Die Hessonen gehörten zum unmittelbaren Umkreis des Kaisers und damit zum vornehmsten deutschen Hochadel. In die Zeit der Hessonen fällt auch die älteste, heute noch erhaltene schriftliche Erwähnung Backnangs in einer Augsburger Urkunde von 1067. Die Hessonen besaßen im Bereich des heutigen Stiftshofs eine Burg, deren wesentlichen Teile noch bis ins frühe 17. Jahrhundert vorhanden waren.

Machtzentrum der Markgrafen von Baden

Backnang um 1250 mit der Stiftskirche St. Pancratius (links) und der Pfarrkirche St. Michael (rechts) sowie der Stiftsmühle im Vordergrund (Rekonstruktion von Hellmut G. Bomm, Backnang)

Durch Heirat ging Backnang um 1070 vermutlich in den Besitz der späteren Markgrafen von Baden über, die in der Backnanger Pfarrkirche ein Chorherrenstift einrichteten, das 1116 von Papst Paschalis II. bestätigt und privilegiert wurde. Nach erheblichen Startschwierigkeiten übernahmen 1123 Augustiner aus Marbach im Elsass die Leitung, bauten das Stift erfolgreich auf und schufen Verbindungen zu anderen Augustiner-Stiften und anderen Klöstern im süddeutschen Raum. Die um 1130 neu erbaute Stiftskirche St. Pancratius diente zudem bis Mitte des 13. Jahrhunderts als Grablege der Markgrafen von Baden. Der größte Teil des städtischen Bodens kam in stiftische Hand und wurde nur als Lehen an die Bürger ausgegeben, die jährlich verschiedenste Abgaben an das Stift zu entrichten hatten. Der Ausbau Backnangs zur Stadt dürfte zwischen 1220 und 1230 stattgefunden haben. 1235 geriet die junge Stadt in die Auseinandersetzungen zwischen dem deutschen König Heinrich (VII.) und seinem Vater Kaiser Friedrich II. und wurde durch Heinrich von Neuffen, dem Herrn der Burg Winnenden, zerstört. Glanzstück der wieder aufgebauten Stadt bildete zweifelsohne die Pfarrkirche St. Michael, deren gotischer Chor noch heute im unteren Teil des so genannten Stadtturms bewundert werden kann. Aus einer Urkunde geht hervor, dass 1245 in Backnang neben den beiden Kirchen St. Pancratius und St. Michael bereits drei Mühlen, ein Hospital und ein "Berg" genannter Hof (wohl heutiger Bereich des Amtsgerichts) vorhanden waren.

Übernahme durch das Haus Württemberg

Durch Heirat ging Backnang um 1070 vermutlich in den Besitz der späteren Markgrafen von Baden über, die in der Backnanger Pfarrkirche ein Chorherrenstift einrichteten, das 1116 von Papst Paschalis II. bestätigt und privilegiert wurde. Die Grafen von Württemberg bauten im Verlauf des 14. Jahrhunderts ihren Einfluss auf das Stift immer weiter aus. Im Jahr 1477 wurde es schließlich in ein weltliches Stift umgewandelt, das heißt die Chorherren mussten nun nicht mehr wie seither nach den strengen Regeln des Augustinus leben. Diese Umwandlung fand vor dem Hintergrund der Gründung der Universität Tübingen statt, deren Aufbau die Grafen von Württemberg mit dem Vermögen des Stifts Sindelfingen finanzierten. Das weltliche Stift Backnang ersetzte nun quasi das aufgelöste Stift Sindelfingen, um verdiente Geistliche mit einer Pfründe versorgen zu können.

Bauernaufstände und Reformation

Stiftsbereich in Backnang um 1600 (Rekonstruktion von Hellmut G. Bomm, Backnang)

Die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts waren durch Aufstände der Bauern geprägt, die sich gegen landesherrliche Dienste und die Forstpolitik auflehnten. In diesem Zusammenhang kam es auch in Backnang in den Jahren 1514 (Aufstand des "armen Konrad") und 1525 (großer Bauernkrieg) zu Auseinandersetzungen. Die 1534 landesweit eingeführte Reformation beendete in erster Linie den seit vier Jahrhunderten bestehenden rechtlichen und politischen Einfluss des Stifts über die Stadt und ihre Bewohner, wobei das Stift nun zwar keine geistlichen Funktionen mehr besaß, allerdings als Verwaltungseinheit und Wirtschaftsbetrieb - mit Stiftsverwalter anstelle der Chorherren - weiter bestand. Nach kurzem "Interim", als man zwischen 1548 und 1555 die Reformation vorübergehend zurücknehmen musste, wurden nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 Württemberg und damit auch Backnang evangelisch.

Umfangreiche Bautätigkeit zu Beginn des 17. Jahrhunderts

Zum Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts erlebte Backnang eine wirtschaftliche Blüte, die sich nicht zuletzt an der Verwirklichung einiger Großbauprojekte zeigte. Zunächst errichtete man zwischen 1599 und 1601 nach den Plänen des württembergischen Landesbaumeisters Georg Beer ein neues Rathaus. Kurze Zeit später begann dessen Nachfolger Heinrich Schickhardt mit seiner umfangreichen Tätigkeit in Backnang. Im Auftrag des Hauses Württemberg wurde nach seinen Plänen ab 1606 ein Schloss neben der Stiftskirche errichtet, von dem allerdings nur ein Flügel verwirklicht wurde, in dem heute das Amtsgericht untergebracht ist. Außerdem ließ Schickhardt 1614 den Turm der ehemaligen Michaelskirche erhöhen, die seit der Reformation nicht mehr regelmäßig als Kirche genutzt wurde, da die Bevölkerung nun in die Stiftskirche zum Gottesdienst ging. Durch die Erhöhung entstand das heutige Wahrzeichen Backnangs – der Stadtturm.

Der so genannte "Gänsekrieg"

Backnang kurz vor dem verheerenden Stadtbrand im Jahr 1693

Der so genannte "Gänsekrieg" gehört zu den originellsten Ereignissen der Backnanger Geschichte: Zu Beginn des 17. Jahrhunderts diente die Gänsehaltung vor allem den ärmeren Schichten zur Aufbesserung ihres kärglichen Einkommens, richtete jedoch auf den Feldern der Stadt erheblichen Schaden an. Deshalb verbot die Backnanger Obrigkeit 1606 kurzerhand die Gänsehaltung. Die Backnanger Frauen ließen sich dies jedoch nicht gefallen und baten den württembergischen Herzog Johann Friedrich um Hilfe. Trotz aller Schikanen seitens der Backnanger Obrigkeit konnten sich letztlich die Backnanger Frauen durchsetzen, als 1612 eine "Gänseordnung" erlassen wurde, die die Gänsehaltung wieder erlaubte. Der Gänsebrunnen am Rathaus erinnert heute an dieses mutige Verhalten der Backnanger Frauen.

Kriege, Seuchen, Hungersnöte und ein verheerender Stadtbrand

Mit Beginn des Dreißigjährigen Krieges entwickelte sich das 17. Jahrhundert zu einer der schrecklichsten Epochen in der gesamten Backnanger Geschichte. Im Gefolge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Protestantismus und Katholizismus wurde die Stadt in den Jahren 1626 und 1634/36 von der Pest heimgesucht, der über die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel. Die finale Katastrophe im 17. Jahrhundert fand schließlich im Jahr 1693 statt: Am 25. Juli diesen Jahres drangen französische Truppen in die Stadt ein, setzten sie an allen Ecken in Brand und zerstörten sie fast vollständig. Die folgenden Jahre waren aufgrund der Ernteausfälle durch Hunger geprägt. Zudem hauste der Großteil der Bevölkerung lange Jahre in Ruinen, da sich der Wiederaufbau der meisten Privathäuser in der Stadt bis weit ins 18. Jahrhundert hineinzog. Einzig die öffentlichen Gebäude konnten nach der Brandkatastrophe 1693 relativ schnell wiederaufgebaut werden, wenngleich etwa das Schiff der ehemaligen Michaelskirche als Ruine bestanden blieb, ehe es 1816/17 durch den Bau des Turmschulhauses (heute: Städtische Galerie) ersetzt wurde. Trotz weitgehend fehlender Kriegsnöte und allgemein wachsendem Wohlstand blieben auch im 18. Jahrhundert Krankheitsepidemien und Hungersnöte dauerhafter Gast in Backnang.

Eine Stadt wandelt sich: Industrialisierung seit dem 19. Jahrhundert bis heute

Backnang zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Lederfabrik Carl Kaess im Vordergrund

Das Jahr 1832 markiert mit der Gründung der "Oberen Spinnerei" (spätere Spinnerei J. F. Adolff) den Beginn der Industrialisierung in Backnang. Durch staatliche Förderpolitik und die Auflösung der Handwerkerzünfte ermuntert, industrialisierten sich mit den Firmen Carl Kaess, Louis Schweizer und Fritz Häuser, um nur die Wichtigsten zu nennen, v. a. Unternehmen aus dem lederverarbeitenden Gewerbe. Folgerichtig gab sich Backnang den Beinamen "Süddeutsche Gerberstadt", der bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein seine Berechtigung hatte. Der allgemeine Strukturwandel und schärfere Umweltauflagen ließen diesen Wirtschaftszweig bis heute jedoch fast vollständig verschwinden. Auch von dem Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten und einstmals sehr namhaften Fahrzeug- und Motorenbauunternehmen Carl Kaelble ist heute nichts mehr vorhanden. Der industrielle Schwerpunkt verlagerte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend in Richtung Nachrichtentechnik. Hierfür steht heute in erster Linie der größte Arbeitgeber Backnangs, die Tesat-Spacecom GmbH & Co. KG, ein Hersteller von Telekommunikations-Nutzlasten für Satelliten.

Bevölkerung und Verwaltung: Demographie, sozialer Wandel, Behörden

Konkrete Aussagen zur Backnanger Bevölkerungs- und Sozialstruktur lassen sich erst mit dem Einsetzen einer systematischen schriftlichen Verwaltung im 17. Jahrhundert machen. An der Spitze der Stadt stand der Vogt als oberster und direkter Vertreter des Landesherrn. Die eigentliche Stadtregierung bestand aus Gericht und Rat, die aus ihren Reihen zwei sich jährlich bei der Führung der Stadtrechnung abwechselnde Bürgermeister wählten. Die wesentlichen Verwaltungsaufgaben versah der Stadtschreiber. Erst mit den Verwaltungsreformen ab dem frühen 19. Jahrhundert wurden allmählich moderne Strukturen mit Bürgermeister, Gemeinderat und verschiedenen Verwaltungsbereichen geschaffen. Seit 1806 war in Backnang der Sitz des gleichnamigen Oberamts, das 1938 in den Landkreis Backnang umgewandelt wurde, dem auch Teile der ehemaligen Oberämter Gaildorf, Marbach und Welzheim angehörten. 1956 wurde Backnang Große Kreisstadt und 1973 ging im Zuge der Kreisreform der überwiegende Teil des Landkreises im neugebildeten Rems-Murr-Kreis auf. Die Mehrzahl der Backnanger Einwohner war in früherer Zeit als Bauern und Taglöhner tätig. Erst nach und nach bildete sich eine zunehmende Handwerkerschicht heraus, ehe dann im Zuge der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts im größeren Umfang eine Arbeiterschicht entstand. Erste verlässliche Bevölkerungszahlen gibt es aus dem Jahr 1697, als Backnang 1071 Bewohner hatte. Diese Zahl stieg bis 1939 auf 11.601 an, ehe sie nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Zuzug der Heimatvertriebenen und die stetige Ausdehnung des Stadtgebiets förmlich explodierte und bis heute auf über 37.000 anstieg.

Die Backnanger Stadtteile und Teilorte

Von den heutigen Stadtteilen und Teilorten liegen folgende Erstnennungen – nicht identisch mit den jeweiligen Gründungen – vor: Heiningen (1134), Germannsweiler, Maubach, Waldrems, Sachsenweiler (1245), Schöntal (1247), Strümpfelbach (1271), Steinbach (1368), Ungeheuerhof (1485) und Stiftsgrundhof (1568). Neueren Datums sind Rötleshof und Seehof (Anfang 18. Jhd.) sowie Staigacker und Horbachhof (Ende 18. Jhd.). Die Teilorte Stiftsgrundhof, Ungeheuerhof, Rötleshof, Seehof, Germannsweiler und die „Schöntale“ gehörten schon immer zu Backnang. Der Sachsenweilerhof kam 1935 von Unterweissach nach Backnang, während die einstmals selbstständigen Orte Steinbach (1941), Maubach (1971), Waldrems und Heiningen (1972) sowie Strümpfelbach (1973) nach und nach eingemeindet wurden und heute Stadtteile von Backnang sind.