Ausstellung „Aufgetischt“ im städtischen Graphik-Kabinett

Erster Teil der Reihe: „Tafelmusik“

Anonym, Venditore di Melone D’Aqua / der Melonenverkäufer, Aus der Serie: Al Costume Napolitano, Kupferstich, 19. Jh.

Im Jahr 2024 wendet sich das Backnanger Graphik-Kabinett, Petrus-Jacobi-Weg 5, mit der Ausstellungsreihe „Tafelmusik“ mit dem Geschmacks- und dem Hörsinn zwei menschlichen Sinnen zu. Die Auftaktpräsentation „Aufgetischt“ widmet sich der symbolischen, allegorischen und kulturgeschichtlichen Bedeutung der Darstellung von Speisen und Getränken zwischen Lebenselixier, Statussymbol und Laster. Zur Eröffnung der Ausstellung führt Kuratorin Simone Scholten am Freitag, 15. März, 19 Uhr, mit einem Lichtbildvortrag in die Schau ein. Anschließend werden Weine vorgestellt und verköstigt, die in den graphischen Werken thematisiert werden. Die Ausstellung läuft bis 14. Juli 2024. Der Eintritt ist frei.

Lebensmittel stehen im Mittelpunkt zahlreicher Graphiken aus der Ernst Riecker-Sammlung. Angerichtet auf einer überbordenden Festtafel, als karge Bauernjause oder gar als Henkersmahlzeit, als Frucht auf dem Feld oder in der prall gefüllten Auslage eines Marktstandes, verraten Nahrungsmittel, ihre Kultivierung und ihre Zubereitung, viel über die Alltagskultur vergangener Jahrhunderte. Doch die dargestellten Speisen und Getränke sind oft bedeutend mehr als nur Garanten für das leibliche Wohl. In Literatur, Religion und Mythologie sind diese häufig mit symbolisch-allegorischen Bedeutungen aufgeladen. So war es jeweils ein Apfel, der das Schicksal Adams und Evas im Paradies oder den Ausgang des antiken Schönheitswettbewerbs um Helena, Athene und Aphrodite bestimmte. Brot und Wein stehen für den Leib und das Blut Christi und nehmen im Letzten Abendmahl seinen Tod und seine Auferstehung vorweg. Bei einigen der neutestamentarischen Wundertaten, wie der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana oder der Speisung der Fünftausend stehen Nahrungsmittel im Fokus.

Im Rahmen der Festkultur zeugen die Opulenz der aufgetragenen Speisen und Getränke sowie der Prunk der verwendeten Gefäße und Geschirre durch die Jahrhunderte vom sozialen Status der Gastgeber. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert spielen die lieblichen Weinberge des engen Mittelrheintals in der aufkommenden Rheinromantik eine zentrale Rolle. In Literatur und Kunst, wie etwa den Graphikfolgen Eugen Napoleon Neureuthers (1806-1882) wird Wein zum Ausdruck eines unbeschwerten Lebensstils. Die von dem Münchner Radierer ins Bild gesetzten Weinlagen werden zum Teil heute noch bewirtschaftet. Im Anschluss an den Einführungsvortrag werden Weine aus diesen Lagen angeboten.